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Magazin für Häfen, Schifffahrt und Logistik

Bündeln, verbinden, beschleunigen

Vom Hafen ins Hinterland und vom Kunden zur Kaje: In Bremen und Wilhelmshaven zeigen zwei Güterverkehrszentren, wie clevere Logistik Standorte stärkt, Wege verkürzt, Verkehre verknüpft – und was nötig ist, damit das auch in Zukunft gelingt.

Fotos: Christian Ring, JadeWeserPort, Ralph Sandstedt, JadeWeserPort Wilhelmshaven
Was heute als kluge Antwort auf überfüllte Straßen und anvisierte Klimaziele gilt, begann einst in Bremen: die Idee, den Güterverkehr systematisch zu bündeln – und dabei Straße, Schiene und Lagerlogistik effizient zu verknüpfen. Daraus entstanden die Güterverkehrszentren (GVZ), die sich seit den 1970er-Jahren in ganz Europa etabliert haben. Sie sorgen für Tempo im Warenfluss und Entlastung in den Innenstädten – und gewinnen angesichts steigender Verkehrsströme weiter an Bedeutung.

Das GVZ Bremen ist dabei mit seinen 40 Jahren nicht nur das älteste deutsche GVZ, sondern mit einer Gesamtfläche von knapp 500 Hektar auch das größte seiner Art und steht an der Spitze des europäischen GVZ-Rankings. Durch seine Ideallage innerhalb der Nordrange ermöglicht es den rund 160 hier ansässigen Logistikunternehmen eine direkte Anbindung an die Zwillingshäfen in Bremerhaven und Bremen sowie an die Seehäfen in Wilhelmshaven und Hamburg.

Ein weiterer Pluspunkt ist das Herzstück des GVZ – das KV-Terminal von Roland Umschlag. Mit täglichen Containerverkehren (rund 2.000 Ganzzüge pro Jahr) zu den drei deutschen Seehäfen Wilhelmshaven, Bremerhaven und Hamburg wird die Region Bremen versorgt. Zusätzliche Verbindungen zu einigen Stationen ins deutsche Hinterland sowie nach Österreich und Italien – auch für Sattelauflieger und Wechselbrücken – vervollständigen den Service.

Erweiterungsflächen werden gebraucht

Da die Fluktuation gering und die Nachfrage groß ist, gibt es eine Herausforderung: „Derzeit stehen nur noch Restflächen zur Verfügung, aber wir sehen Potenzial in der Revitalisierung, indem Brownfields neu entwickelt werden, wenn erste Anlagen außer Betrieb gehen“, berichtet Ralph Sandstedt, Geschäftsführer der GVZ Entwicklungsgesellschaft in Bremen. Weitere Expansionsmöglichkeiten für die Zukunft sieht er im Bereich Niedervieland III Wunschvorstellung wären etwa 100 Hektar entlang der Autobahn A281.

Die geplante Weserquerung der A281 bis 2029/2030 ist auch für die verkehrliche Erschließung dieser neuen Gewerbeflächen von zentraler Bedeutung. Der Tunnel soll als entscheidender Ringschluss im Bremer Westen die A1 im Süden mit der A27 im Norden verbinden. „Auch wenn es noch ein paar Jahre dauert, bin ich froh, dass wir dann eine direkte Anbindung des GVZ an das internationale Fernstraßennetz haben“, unterstreicht Sandstedt. Überdies werden wichtige Voraussetzungen dafür geschaffen, um Schwerlastverkehre effizienter zu steuern, Wohnviertel zu entlasten und die logistische Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Bremen zu stärken.

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Das GVZ in Wilhelmshaven fungiert als zentrale Drehscheibe für Norddeutschlands Logistiksektor und die norddeutschen Seehäfen.
Schließlich verläuft die fertiggestellte A281 direkt durch den Industriehafen, wo zusätzliche Flächen für den kombinierten Verkehr (KV) erschlossen werden sollen. „Man muss nicht die Welt neu erfinden und permanent Destinationen für den kombinierten Ladungsverkehr ausbauen, sondern es geht vor allem darum, die Taktung der Hafenanbindung zu optimieren und Strecken im Hinterland für eine bestmögliche Verteilung auszuweiten“, meint Sandstedt.

Darüber hinaus ist das GVZ dabei, sich zukunftsfähig aufzustellen: Beispiele dafür sind die zunehmende Nutzung der bereits heute enormen Menge Photovoltaikenergie, die durch Anlagen auf den Hallendächern erzeugt wird, ferner die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte und der Ausbau der Ladeinfrastruktur im GVZ Bremen. Bei dem im Januar 2025 gestarteten Leuchtturmprojekt „AUTOGVZ“ geht es um den voll automatisierten Lkw-Pendelverkehr auf einer etwa drei Kilometer langen Strecke zwischen dem KV-Terminal von Roland Umschlag und zwei Logistikzentren im GVZ Bremen.

Wachstum im GVZ Wilhelmshaven

An einem anderen Punkt der Entwicklung steht das 2012 unweit des Containerhafens JadeWeserPort eröffnete GVZ in Wilhelmshaven. Es zählt zu den jüngeren Zentren hierzulande und fungiert ebenso als zentrale Drehscheibe für den Logistiksektor in Norddeutschland und die norddeutschen Seehäfen, insbesondere Wilhelmshaven. „Wir haben eine Auslastung von bis zu 80 Prozent“, berichtet Marc-Oliver Hauswald, Geschäftsführer der JadeWeserPort-Vermarktungsgesellschaft.

Und dieser Wert dürfte weiter ansteigen. In diesem Jahr soll der Umschlag im JadeWeserPort erstmals die Eine-Million-Marke überschreiten. Das liegt größtenteils an der neuen Gemini Cooperation von Maersk und Hapag-Lloyd, die Wilhelmshaven zum Deutschland-Hub gemacht hat. Es hat aber auch mit der Ansiedlung der Zhejiang Seaport Logistics Group auf einer rund 31.000 Quadratmeter großen Fläche innerhalb des P3-Logistikparks im JadeWeserPort zu tun. Bei dem Unternehmen handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der Ningbo Zhoushan Port Group, die gemessen am Gesamtumschlag den weltweit größten Hafen betreibt.

Auf Initiative der Zhejiang Seaport Logistics Group wurde im vergangenen Jahr zudem ein neuer direkter Liniendienst zwischen den Häfen in Ningbo und Wilhelmshaven verkündet. In nur 26 statt 40 Tagen sind nun die chinesische Küstenstadt mit ihren 9,6 Millionen Einwohnern und Wilhelmshaven miteinander verbunden. „Der neue monatliche China-Europe-Express bringt uns mit jedem Anlauf 5.000 TEU, die Nachfrage ist echt gut“, so Hauswald. Das Ziel der Reederei Kawa Shipping sei es daher, 14-tägige Abfahrten anzubieten. Weitere Schiffe seien bereits in Auftrag gegeben worden.

Portrait von Ralph Sandstedt

„Es geht beim kombinierten Ladungsverkehr darum, die Taktung der Hafenanbindung zu optimieren.“

Ralph Sandstedt, Geschäftsführer der GVZ Entwicklungsgesellschaft in Bremen

Fakten

GVZ Bremen

Gründung: 1985
Gesamtgröße: Brutto 475 Hektar
Hallenfläche: etwa 1,3 Millionen Quadratmeter
Unternehmen: Rund 160
Beschäftigte: circa 8.700

Der Expressdienst CEX, wie er abgekürzt wird, ist in Wilhelmshaven per Straße und Schiene direkt an das europäische Hinterland angebunden. „Mit Eurogate Intermodal, also EGIM, können die Container sofort per Ganzzug beispielsweise zum Terminal Budapest Intermodal Logistics Center transportiert werden, das als zentrale Drehscheibe für den KV in Ungarn fungiert“, berichtet Hauswald. So können die Chinesen Tür-zu-Tür-Transportdienstleistungen von Ningbo über Wilhelmshaven bis zu ihrem Logistikzentrum in Budapest anbieten.

„Unsere Aufgabe als Vermarktungsgesellschaft des JadeWeserPorts ist es, gutes Marketing zu betreiben und sicherzustellen, dass die richtigen Menschen miteinander sprechen“, erläutert der Geschäftsführer. Dazu zählen neben Neuansiedlungen im GVZ auch weitere Dienstleistungen.

Im Zuge dieser Entwicklungen verzeichnet das GVZ laut Hauswald eine deutliche Belebung der Nachfrage: „Da immer mehr Kunden größere Flächen wünschen, werden wir nun statt bisher maximal 20 Hektar erstmals 33 Hektar am Stück für hafenaffine Ansiedlungen in die Vermarktung geben“, so der Geschäftsführer. „Es gibt gerade einen richtigen Run auf Flächen in Hafennähe.“ (cb)

Nachtaufnahme des Containerhafens in Wilhelmshaven
Der neue Expressdienst CEX liefert pro Anlauf 5.000 TEU – Kawa Shipping plant bereits zweiwöchentliche Abfahrten.
Portrait von Marc-Oliver Hauswald

„Der neue monatliche China-Europe-Express bringt uns mit jedem Anlauf 5.000 TEU.“

Marc-Oliver Hauswald, Geschäftsführer der JadeWeserPort-Vermarktungsgesellschaft

Fakten

GVZ Wilhelmshaven

Gründung: 2012
Gesamtgröße: 160 Hektar
Hallenfläche: 122.000 Quadratmeter
Unternehmen: 25
Beschäftigte: 1.500

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