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Partner für Teile

In rund neun Monaten Bauzeit ist auf dem Gelände des JWP das Logistikzentrum für Audi, Volkswagen und Volkswagen Nutzfahrzeuge entstanden, das 2019 in Betrieb genommen wurde. Dazu zog sukzessive alle zwei Wochen ein Fahrzeugteilebereich um.

30 Produktionsstandorte von Audi und Volkswagen werden in 13 Ländern auf vier Kontinenten seit 2019 aus dem Logistikzentrum von Imperial Logistics International, das zur börsennotierten Imperial-Gruppe in Südafrika gehört, im JadeWeserPort mit Fahrzeugteilen versorgt. Dabei kommt es vor allem auf viel Flexibilität in der Logistik an.

Fotos: IMPERIAL (2x), JWP

Die aktuellen Ereignisse konnte auch das Management von Imperial Logistics International in Wilhelmshaven nicht vorhersehen. Bei den Ausschreibungen für die Teilelogistik für Audi, Volkswagen und Volkswagen Nutzfahrzeuge setzte Imperial angesichts der Pandemie jedoch im Nachhinein betrachtet genau auf das richtige Konzept: „Die flexible Lösung, die wir gemeinsam mit unseren Kunden entwickelt haben, antizipiert Änderungen in globalen Supply Chains“, erläutert Hakan Bicil, CEO von Imperial Logistics International. Das entspricht auch seiner Grundhaltung: „Grundsätzlich sind die Herausforderungen ja das Salz in der Suppe.“

Die Ereignisse der vergangenen Jahre hätten gezeigt, wie wichtig die Widerstandsfähigkeit von Lieferketten sei. Imperial habe daher alternative Routen, Transportmittel oder sogar Lieferanten zu einem festen Bestandteil der Logistiklösungen gemacht. Diese würden für die Kunden individuell entwickelt und auf die spezifischen Märkte und Aktivitäten zugeschnitten. „Als die Pandemie ausbrach, bedeutete dies, dass wir bereits besser als viele andere vorbereitet waren, mit Herausforderungen wie Kapazitätsproblemen, regionalen Schließungen und so weiter umzugehen.“ Diese Anpassungsfähigkeit im Hinblick auf die Mengen wie auf die Zielorte sei einer der Hauptgründe gewesen, um die „logistische Abwicklung durch Imperial“ im JadeWeserPort (JWP) aufzubauen: „Unsere Kunden haben im Rahmen ihrer strategischen Planung zur Optimierung der globalen Supply Chain den Standort Wilhelmshaven als einen der am besten geeigneten Standorte ermittelt“, unterstreicht der CEO.

Multimodales Drehkreuz für den Logistikhub

„Die Infrastruktur bietet hervorragende Supply-Chain-Bedingungen mit Zugang zur internationalen Seefracht, aber auch eine exzellente Anbindung ans deutsche beziehungsweise europäische Hinterland“, so Bicil. Daher konnten nicht nur die Kunden aus der Automobilindustrie hinsichtlich des Standortes überzeugt werden. Ebenso planten weitere Partner von Imperial Aktivitäten in Deutschlands einzigem Tiefwasserhafen.

Um welche Dimensionen es bei der Automobillogistik geht, zeigen ein Blick auf das riesige Gelände und die Kennzahlen des Logistikzentrums: Fast 40.000 Quadratmeter groß ist die gesamte Lagerfläche mit den vier Hallen, Entladetunnel und Stellplätzen für Leergut und Container. Seit 2019 werden von hier aus 30 Produktionsstandorte von Audi, Volkswagen und Volkswagen Nutzfahrzeuge in 13 Ländern auf vier Kontinenten mit DIN- und Normteilen versorgt. Insgesamt 250 Beschäftigte versenden alle benötigten Komponenten – von der Schraube oder Unterlegscheibe über den Airbag und das Lenkrad bis hin zum fertigen Motor.

Dafür werden wöchentlich rund 350 Sattelzüge entladen und anschließend Qualitätskontrollen durchgeführt. Anschließend werden die Teile physisch und elektronisch eingelagert. Ausgelegt sind die Hallen für bis zu 7.000 unterschiedliche Teile. Entsprechend dem kundenspezifischen Bedarf erfolgt wiederum der Warenausgang, der dann analog die physische und elektronische Auslagerung auf das jeweilige Verkehrsmittel umfasst.

Neben Containerschiff und Lkw zählt hierzu die Bahn – auch transkontinental: „Die Seidenstraße gewinnt, je länger die globalen Imbalancen und die damit verbundenen Kapazitätsdefizite in der Seefracht andauern, immer mehr an Bedeutung“, berichtet Bicil. Ebenso aus Umweltgründen werden immer öfter Bahntransporte nachgefragt. Imperial Logistics International betreibt daher eigene Taktverkehre beziehungsweise Services mit wöchentlichen Abfahrten von Asien in fünf europäische Länder und zurück von drei europäischen Ländern. Ein Beispiel seien die Werke in der chinesischen Stadt Chengdu, die über die Seidenstraße beliefert werden.

Adaptive Logistikprozesse

Ganz so zeitkritisch, wie man erwarten könnte, ist die Automobillogistik nämlich gar nicht: „Da es sich in Wilhelmshaven um eine von unseren Kunden sehr gut geplante CKD-Supply-Chain handelt, stellen Just-in-time-Abwicklungen eher die Ausnahme dar und sind Sonderprozessen geschuldet, in denen unsere Kunden Unterbrechungen der Supply Chain ausgleichen müssen, die immer entstehen können“, erläutert Bicil. Eine Herausforderung seien allerdings die aufgrund der Pandemie instabilen Mengen. Auch hierbei habe sich das flexible Konzept bewährt: Dank adaptiver Logistikprozesse könne beispielsweise selbst in Zeiten hoher Volumenschwankungen trotzdem eine hohe Servicequalität gewährleistet werden.

Glücklicherweise zeige der chinesische Markt – als der für die Kunden wichtigste – die stabilste und volumenreichste Abwicklung. „Hier sind wir im Plan“, unterstreicht Bicil. Anders sei es hingegen bei den Märkten in Mexiko, Südafrika, den USA und Brasilien: Hier schwanke das Volumen bedingt durch Covid-19 und die globale Halbleiterknappheit deutlich, zum Teil würden die Mengen auch sinken. Logistisch sei die Volatilität des Marktes zwar anspruchsvoll, aber gleichzeitig auch das „tägliche Brot“ für Imperial. „Wir wissen wer, wann und wo anfahren wird, und können entsprechend durch Anlieferwochen beziehungsweise -fenster planen“, betont der CEO.

Insgesamt komme es im Logistikprozess auf die richtige Mischung zwischen Automatisierung und manuellen Prozessen an. „Hierdurch gewährleistet man die maximale Flexibilität und profitiert gleichzeitig von den Effekten der Automatisierung“, so Bicil. Dabei ist es zum Teil durchaus von Vorteil, dass in der Automobillogistik nicht alles digitalisierbar ist. So werden beispielsweise für die meisten Aussendungen unterschiedliche Sorten von Teilen in verschiedenen Mengen zusammengestellt, was nur in Handarbeit möglich ist.

Stark zum Einsatz komme die Digitalisierung natürlich dennoch – vom Eingang über die Lagerung bis hin zum Ausgangsprozess. Ein Beispiel sind Mitarbeiter, die mittels Tablets den Ausgangsprozess begleiten. „Des Weiteren ‚schießen‘ wir transportrelevante Informationen in Verkehrsträgersysteme, um eine lückenlose Supply Chain gewährleisten zu können“, erläutert Bicil. Das werde auch künftig trotz anhaltender Pandemie nebst Disruptionen in der Supply Chain für eine zuverlässige Versorgung der Kunden sorgen. (cb)

Hakan Bicil, CEO von Imperial Logistics International

Hakan Bicil, CEO von Imperial Logistics International

Fakten

Imperial Logistics International

Gründung: 2019
Firmensitz: Wilhelmshaven
Geschäftsfeld: Automobillogistik
Fläche insgesamt: 39.500 Quadratmeter
Beschäftigte: rund 250

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