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Magazin für Häfen, Schifffahrt und Logistik

Programmierter Fortschritt

Japan genießt den Ruf, besonders fortschrittlich zu sein. Damit das so bleibt, hat das Land nicht nur ein Paket aus Richtlinien und Handelsabkommen geschnürt, sondern setzt auch verstärkt auf Digitalisierung und neue Technologien.

In Japan verschmelzen Tradition und Moderne in einzigartiger Weise – und dabei immer auf Weiterentwicklung orientiert. Das spiegelt sich auch in der modernen Skyline im Hafen von Kobe wider.

Fotos: iStock/Sean Pavone,

Weitere Fotos: GTAI, Freepik/Starline, Toyota, iStock/Peeterv, MOL, Privat, Freepik/Starline(2), Leschaco/Schmitz, Leschaco, Repräsentanz Des Landes Niedersachsen In Japan, DB Schenker (2), Gianmattia D‘Alberto/Lapresse (2)

Der Handel mit Japan ist für deutsche Unternehmen in gewisser Weise wie ein Spagat. Denn zum einen trifft man auf Geschäftspartner aus einem Land, das via Luftlinie mehr als 9.000 Kilometer von uns entfernt und durch eine völlig andere Kultur mit stark ritualisierten Umgangsformen und Prozessen geprägt ist (siehe Behind the Scenes, Seite 18). Zum anderen präsentert sich Japan als modernes, zukunftsorientiertes Land, das sich zu freiheitlichen Grundwerten, zu Demokratie und zu Menschenrechten bekennt. In diesem scheinbaren Spannungsfeld verbinden Deutschland und Japan 160 Jahre gewachsene Freundschaft mit einer Vielzahl gemeinsamer Interessen und Aktivitäten auf den verschiedenen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Ebenen.

„Japan ist hoch industrialisiert und verdankt seinen Reichtum innovativer Spitzentechnologie und einer effizienten Wirtschaftsstruktur, zu der auch ein funktionierendes Logistiknetz zählt. Das verarbeitende Gewerbe, allen voran die Kfz-Industrie, der Maschinenbau, aber auch der Chemie- und Pharmasektor, ist ähnlich wie in Deutschland eine wichtige Säule der Wertschöpfung“, umreißt Jürgen Maurer, Korrespondent von Germany Trade & Invest (GTAI) in Tokio, die aktuelle Rolle des viertgrößten Inselstaats der Welt im globalen Wirtschaftsgefüge. Diese Rolle ist durch die besagte Insellage jedoch eine gänzlich andere, als das beispielweise bei einem Land im Herzen von Europa der Fall ist. So kommt es, dass der Im- und Export von Gütern in Japan zu über 90 Prozent auf dem Seeweg abgewickelt wird und nur ein kleiner Teil über den Luftraum erfolgt. Dennoch ist Japan gesamtwirtschaftlich betrachtet weniger von Exporten abhängig als Deutschland. So liegt die dortige Exportabhängigkeit bei etwa 14 Prozent, während sie hierzulande auf circa 39 Prozent beziffert wird.

„Japan verdankt seinen Reichtum innova­tiver Spitzentechnologie und einer effizienten Wirtschaftsstruktur.“

Jürgen Maurer, Korrespondent von Germany Trade & Invest (GTAI) in Tokio

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Toyota ist einer der größten Automobilhersteller der Welt. Die Japaner produzieren an mehr als 50 Standorten in 26 Ländern, hier im Motomachi-Werk in Toyota City (l.). Moderne Fußgängerbrücke im Hafen von Nagoya (r.).

Häfen sind Logistikdrehscheiben

Als wichtige Logistikdrehscheiben für den Seetransport dienen in Japan die Häfen von Tokio, Yokohama, Osaka, Kobe und Nagoya. „Der Hafen von Nagoya ist laut Statistik des Transportministeriums auf Basis des abgewickelten Frachtvolumens der größte Umschlagsplatz Japans“, so Maurer. Dazu trage unter anderem bei, dass der Standort in der Nähe der Fertigungsanlage von Toyota Motors und anderen wichtigen Produktionsunternehmen liege. „Auf den Plätzen zwei und drei folgen die Häfen Chiba und Yokohama, die den Großraum Tokio mitbedienen“, ergänzt Maurer. Rein auf den Containerumschlag bezogen, der 2019 in allen japanischen Häfen zusammen bei 21,7 Millionen TEU lag, dominieren die Häfen von Tokio (4,51 Millionen TEU in 2019), Yokohama (2,99 Millionen TEU) und Kobe (2,87 Millionen TEU).

Verordnete Weichenstellung

„Um der Rolle der Häfen für Japans Warenversorgung zusätzliches Gewicht zu verleihen, wurde das Port and Harbor Law seit 2000 mehrfach aktualisiert, was unter anderem zur Senkung von Hafenabgaben, aber auch zur Designation der Häfen in Tokio, Yokohama, Kawasaki, Nagoya, Osaka und Kobe zu sogenannten Super Hub Ports führte“, erläutert Maurer. Bereits vor diesem Gesetz hat das japanische Wirtschafts-, Infrastruktur- und Transportministerium 2017 mit seiner „Comprehensive Distribution Policy“ eine weitere Form der Weichenstellung verabschiedet, um auch über die Häfen hinaus eine robuste Distributionsindustrie zu schaffen. Eine zentrale Aufgabe, die man in diesen Richtlinien festgeschrieben hat, ist es, die Lieferketten effizienter zu gestalten, indem bereits bestehende Teilsysteme gestärkt und Hard- und Software-Infrastrukturen in eine entsprechende Datenplattform integriert werden. „Mit Blick auf mögliche Naturkatastrophen und Aspekte des Klimawandels sollen diese Systeme resilienter, produktiver und zugleich auch sicherer aufgestellt werden“, so Maurer. Als wichtige Eckpfeiler zur Umsetzung dieser Logistikstrategie setzen die Japaner vor allem auf die Einbindung des Internets der Dinge, von Künstlicher Intelligenz, Big Data und Robotik. „Man hat dort zum Beispiel die Vision, ein intelligentes Transportsystem mit automatisierten Lagerhäusern aufzubauen, aus denen die Kunden auch per Drohnen oder mit autonomen Fahrzeugen beliefert werden können. Zwei Leuchtturmprojekte auf diesem Gebiet sind ein automatisiertes Distributionszentrum in der Präfektur Chiba, in das 215 Roboter eingebunden sind, und eine digitalisierte Logistikkette im Nahrungsmittel­bereich, die das Telekommunikationsunternehmen NTT in Kooperation mit dem Handelshaus Mitsubishi angestoßen hat“, berichtet Maurer.

Zu einem richtungsweisenden Meilenstein soll sich darüber hinaus auch das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EPA entwickeln, das im Februar 2019 zwischen Japan und der Europäischen Union (EU) in Kraft trat. Darin ist vorgesehen, dass die EU über einen Zeitraum von 16 Jahren 99 Prozent ihrer Zölle auf japanische Einfuhren und im Gegenzug Japan 94 Prozent seiner Zölle auf EU-Importe abbaut. Im Vordergrund stehen dabei auf europäischer Seite Ausfuhren von Agrarprodukten nach Japan, während umgekehrt vor allem die Zölle auf japanische Kfz-Importe in die EU fallen sollen. Neben der Stärkung des Warenhandels zielt der Vertrag aber auch darauf ab, nichttarifäre Hemmnisse auf dem japanischen Markt abzubauen, um Unternehmen aus der EU den Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen dort zu erleichtern. „Ich gehe davon aus, dass sich das EPA auch auf zahlreiche Projekte im Transportbereich positiv auswirken wird“, so Maurer. Infolge der Covid-19-Pandemie hat er bis heute aber noch kein Wachstum der bilateralen Ausfuhren zwischen Deutschland und Japan ausmachen können. Parallel dazu vermeldet das deutsche Auswärtige Amt, dass das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Japan in den Jahren vor der Covid-19-Pandemie noch leicht angestiegen war (2019: 44,7 Milliarden Euro), im Jahr 2020 aber dann pandemiebedingt auf 38,8 Milliarden Euro zurückging.

Hohe Ansprüche und begrenzte Kapazitäten

Wie aber bewerten die Player den japanischen Markt und die aktuellen Entwicklungen? Dazu hat der LOGISTICS PILOT mit Experten von Mitsui O.S.K. Lines (MOL) und Leschaco gesprochen.

MOL ist seit seiner Gründung 1884 im Handel zwischen Deutschland und Japan aktiv. Die Reederei mit Sitz in Tokio und ihre weltweiten Tochtergesellschaften operieren eine Flotte von mehr als 700 Schiffen, darunter Autotransporter, Containerschiffe, Massengutfrachter und Tanker. „Als Anbieter von Dienstleistungen im internationalen Seetransport von Automobilen und rollender Ladung haben wir derzeit rund 100 Car-Carrier in Fahrt und zählen damit zu den globalen Marktführern in diesem Segment“, erläutert Mario Janssen, General Manager von MOL Auto Carrier Express (MOL ACE). Von seinem Hamburger Büro aus organisiert er die Anläufe von MOL ACE in Europa, zum Beispiel in Bremerhaven und Emden, sowie die Abfahrten nach Japan. „Viermal monatlich bieten wir einen regelmäßigen Dienst von Europa nach Japan an. Dabei fahren wir in erster Linie Autos europäischer Premiumhersteller, aber auch High and Heavy und Projektladung. Zu den Schwergewichten, die die Reederei im RoRo-Verfahren verschifft, gehören unter anderem Erntemaschinen und Traktoren, aber auch Schwerlastmodule und Reachstacker, also Spezialmaschinen, die in dieser Form so nicht in Japan gebaut werden.

„Corona hat für mehr Digitalisierung in Japan gesorgt.“

Mario Janssen, General Manager von MOL ACE

Mehr als 5.000 solcher Tank­container von Leschaco sind auf den Weltmeeren unterwegs, um flüssige chemische Produkte aller Art zu transportieren.

Über die Besonderheiten des japanischen Marktes sagt Janssen: „Viele Produkte werden lokal gefertigt, und die Konkurrenz dort ist groß. Und genauso groß ist die Gefahr, am Ende nur einer von vielen zu sein. Die Kunden, die den japanischen Markt bedienen, haben hohe Ansprüche – insbesondere in Bezug auf die Qualität und die Zuverlässig­keit.“ Dementsprechend seien regelmäßige Abfahrten mit einzuhaltenden Laufzeiten ein Muss. Zudem verfügen die MOL-Kunden im Automobilsegment weitestgehend über ihr eigenes lokales Distributions-Setup innerhalb Japans, das auch die Eingangshäfen mit einschließt. Daraus erwächst für MOL ACE die Anforderung, genau diese Standorte anzulaufen. Und das sind eben nicht die großen Containerhäfen des Landes, sondern die Häfen in Hitachi, Chiba, Yokohama und Toyashi. Allein über letzteren Standort erfolgt fast die Hälfte der gesamten Automobiltransporte nach Japan. Anschließend gibt Janssen noch zu verstehen, dass die Kapazitäten in den besagten Häfen beziehungsweise an den dortigen Terminals sehr begrenzt seien und dass die japanischen Empfänger der rollenden Ladung diese daher oft schnell, zumeist per Lkw, weitertransportierten. „Aber das liegt dann nicht mehr in unserer Zuständigkeit. Diese geht port-to-port und endet mit der Übergabe und dem Qualitätscheck auf Empfängerseite“, so Janssen.

„Vieles läuft noch über Telefaxe“

Auch Leschaco ist bereits seit mehr als 30 Jahren in Japan aktiv. Als der in Bremen ansässige, internationale Logistikdienstleister 1987 seine Tankcontainerverkehre mit dem Pazifikstaat aufnahm, war man noch mit einem Agenten vor Ort vertreten. Seit 1995 bietet die Unternehmensgruppe ihre Leistungen in der Tankcontainerlogistik sowie im See- und Luftfrachtsegment über die eigene Marke Leschaco Japan mit Sitz in Tokio an. Vor drei Jahren eröffnete man zusätzlich ein eigenes Büro in der westjapanischen Handels- und Hafen­stadt Osaka. „Leschaco Japan hat sich seit der Gründung kontinuierlich weiterentwickelt und war stark am Gesamt­wachstum unserer Tankcontainerverkehre beteiligt. In den Anfangsjahren verfügten wir über 500 Tankcontainer – inzwischen sind es 5.000 Einheiten“, so Hans Werner Burg, Managing Director von Leschaco Japan. In diesen Spezialcon­tainern transportiert Leschaco flüssige chemische Produkte aller Art. „Im Japanverkehr sind es vor allem Öl-additive und Zwischenprodukte für Reinigungsmittel und Shampoos, Kunststoffe für die Automobilindustrie und hochwertige Klebstoffe für die Verglasung, die wir verschiffen“, umreißt Burg die Leistungspalette.

Als Logistikdienstleister managt Leschaco den gesamten Tür-zu-Tür-Transport ins Land des Lächelns – überwiegend auf dem Seeweg, aber auch auf dem Luftweg. Bei erster Variante sind vor allem die Häfen in Tokio, Yokohama, Nagoya, Osaka und Kobe die Hauptanlaufpunkte. „Wie es danach weitergeht, entscheidet der Kunde“, erklärt Burg: „Wir bieten auch die Möglichkeit der Andienung an kleinere lokale Häfen über Feederschiffe.“ Nach Ankunft und Verzollung im Hafen geht es dann per Lkw weiter zum Empfangsort. „Die Schiene spielt in Japan bei beladenen Im- und Exporten nicht so eine große Rolle wie in Deutschland und wird von uns weitestgehend nur für Leercontainer-Umfuhren genutzt“, sagt der Manager. Dann gewährt er dem LOGISTICS PILOT noch einen überraschenden Einblick, den man so vermutlich nicht vom ­technologieaffinen Japan vermutet hätte. „Hier läuft nach wie vor viel über ­persönliche Stempel und Telefaxe. Einige Verzollungsagenten schicken ihre Belege immer noch über letzteren Weg. Aber Corona hat dafür gesorgt, dass die Digitalisierung jetzt auch zunehmend Einzug in den japanischen Logistiksektor hält.“

Ohne Digitalisierung geht es nicht

Das deckt sich auch mit den Erfahrungen von GTAI-Experte Maurer. Er formuliert entsprechend deutlich: „Ohne Digitalisierung ist an einen funktionierenden japanischen Transport- und Logistikmarkt in Zukunft nicht zu denken. Gerade die global ausgerichteten Handelsströme des Landes machen es nach den Erfahrungen mit Corona unumgänglich, dass die Strukturen auf mehr Effizienz getrimmt werden.“ Zugleich habe die Pandemie gezeigt, dass Lieferketten sicher sein müssen und dass an Instrumenten wie Big Data oder der Blockchaintechnologie wohl kaum ein Weg vorbeiführe. „Die Marktforscher von Fuji Keizai rechnen damit, dass sich der Markt für Logistiksysteme der nächsten Generation bis 2025 auf 8,5 Milliarden US-Dollar verdoppeln wird. Am Ende wird ein hoher Automatisierungsgrad entlang der gesamten Lieferkette stehen, zu dem es auch gehört, dass Lagerhäuser oder Lkw geleast oder in einem Sharingmodell geteilt werden“, umreißt Maurer eine mögliche Zukunftsvision. (bre)

Logistics Pilot

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„Die Schiene spielt in Japan nicht so eine große Rolle.“

Hans Werner Burg, Managing Director Leschaco Japan

Makoto Sekikawa, ­Repräsentant des Landes ­Niedersachsen in Japan

„Niedersächsische Potenziale in Japan bekannt machen“

 

Im April 2020 hat Niedersachsen eine Repräsentanz in Japan eröffnet. Das Büro der Repräsentanz befindet sich in der Hauptstadt Tokio, von wo aus schon vor 150 Jahren die fünf großen Handels- und Reisewege in alle Provinzen Japans führten. Mithilfe des dortigen Teams will man die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Niedersachsen und Japan weiter ausbauen. Konkret bedeutet das, den Wirtschafts- und Investitionsstandort Niedersachsen in Japan zu vermarkten, japanischen Unternehmen die Potenziale für Kooperationen und Investitionen in dem deutschen Bundesland aufzuzeigen und niedersächsische Unternehmen beim Einstieg in den japanischen Markt zu unterstützen.

„Die Japaner kennen zwar Unternehmen wie Volkswagen und Continental, aber Niedersachsen hat mehr anzubieten als die schon weltbekannte Autoindustrie. Die Repräsentanz verfolgt das Ziel, die vielfältigen Potenziale der niedersächsischen Wirtschaft auch in den anderen Branchen wie Life Science, Energiewirtschaft oder Ernährungswirtschaft bekannt zu machen, und verleiht Niedersachsen dadurch ein Gesicht als innovativer Standort in Japan“, so Makoto Sekikawa, Repräsentant des Landes Niedersachsen in Japan.

So könne das von der Fläche zweitgrößte Bundesland Deutschlands beispielsweise beim Thema Nachhaltigkeit als Impulsgeber für Japan dienen, das sich seinerseits zum Ziel gesetzt hat, bis 2050 treibhausgasneutral zu werden. Immerhin steht derzeit jede fünfte Windkraftanlage Deutschlands in Niedersachsen. Ebenso werden 88 Prozent des Stromverbrauchs in Niedersachsen schon mittels erneuerbarer Energie erzeugt – und man ist das erste Land der Welt, in dem Züge mit Brennstoffzellenantrieb im Regel­verkehr im Einsatz sind. Auf der anderen Seite könnte Niedersachsen von Japan durch eine Reihe zukunftsweisender Projekte lernen, zum Beispiel für den Transport von flüssigem Wasserstoff oder von Wasserstoff in Form von Methylcyclohexan, das aus Brunei eingeführt wird. Solche Technologien dürften auch für die niedersächsischen Hafenstandorte interessant sein.
„Ein wichtiger Schwerpunkt der Repräsentanz liegt auch auf der Anbahnung von Kooperationen im Bereich der wirtschaftsbezogenen Forschung und Entwicklung, denn beide Länder sind mit den gleichen Herausforderungen wie der Dekarbonisierung der Energiewirtschaft und der Alterung der Bevölkerung konfrontiert. Durch die Repräsentanz Niedersachsens in Japan und die damit angestrebte engere Kooperation können diese Themenstellungen gemeinsam angegangen werden“, erläutert Sekikawa.

Zum Bedauern des Teams in Tokio fiel die Eröffnung der Repräsentanz genau in die erste Welle der Coronaepidemie, wodurch die Aktivitäten stark eingeschränkt waren. Dennoch konnte die Zeit genutzt werden, um in Webinaren und auf virtuellen Messen die Besonderheiten und Stärken Niedersachsens zu präsentieren und wichtige Kontakte zu knüpfen. Die Maßnahmen sollen, sobald es die allgemeine Lage zulässt, jedoch weiter ausgebaut werden.

„Nichts dem Zufall überlassen“

Seit 2000 ist DB Schenker im olympischen Umfeld in unterschiedlichen Funktionen bei der Umsetzung der Logistik aktiv. Auch Tokio 2021 hat seine speziellen Herausforderungen.

Im Juli und August dieses Jahres sollen die Olympischen Spiele sowie die Paralympics in Tokio stattfinden – coronabedingt allerdings ohne sport­begeisterte Gäste aus dem Ausland. Mit dabei ist aber DB Schenker Deutschland, und zwar als offizieller Partner des Teams Deutschland Tokio 2020 und als exklusiver Logistikpartner des Deutschen Hauses Tokio 2020. Darüber hinaus wickelt DB Schenker Sport Events im Auftrag des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) und des Deutschen Behinderten Sportverbands (DBS) die gesamte Fracht der deutschen Olympiadelegation ab. Im Rahmen dieses Leistungspakets realisieren die Logistikexperten unter anderem den Transport der Trainings- und Wettkampfgeräte für die deutschen Athleten sowie ihres Physiotherapiematerials und der Mannschaftsapotheke. Dazu gehören außerdem Massagebänke, Medizin und Büromaterial, aber auch Sonnencreme und Powerriegel. Ebenso liefern die Experten diverses Equipment für die Medien sowie Veranstaltungstechnik nach Japan – vom Kabel bis zu riesigen Monitoren und Kommunikationsmitteln.

„Für uns ist es wichtig, nichts dem Zufall zu überlassen. Nur so können wir sicherstellen, dass alles pünktlich angeliefert und aufgebaut wird. Gerade für den Transport der Trainings- und Wettkampfgeräte bleibt uns oft nur ein kurzes Zeitfenster“, so Stephan Schmidt, Leiter Sports Events Deutschland bei DB Schenker. Dabei hilft es besonders, dass die DB-Tochter auf den Status als langjähriger Servicepartner des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) sowie auf die Erfahrungen als strategischer Partner des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in den Jahren von 2003 bis 2008 zurückgreifen kann. Mit diesem wertvollen Erfahrungsschatz im Gepäck weiß Stephan Schmidt, dass eine langfristige Vorbereitung nach dem Motto „Nach den Spielen ist vor den Spielen“ für ein derartiges Großereignis besonders wichtig ist. Deshalb beginnen die Detailplanungen mit dem DOSB und dem DBS rund neun Monate vor Beginn der Spiele. Hier wird dann der Logistikbedarf der einzelnen Fachverbände abgefragt, Frachtraum gebucht, werden Zollfragen geklärt und die Termine für Abholungen und Zustellungen koordiniert. Ein besonderes Highlight ist dabei immer die Logistik für die Einkleidung der Mannschaften. „Für jeden Sportler packen wir bei der offiziellen Einkleidung eine Reisetasche. Außerdem gibt es natürlich die unterschiedlichen Sportgeräte, deren Transport eine besondere Herausforderung an die Logistik stellt. Für die Olympischen Spiele in Tokio sind dies sicherlich die Ruderboote, die wir per Luftfracht nach Tokio versenden“, erläutert Stephan Schmidt. Beim Transport der Materialien von Europa nach Japan fährt DB Schenker in gewisser Weise eine Zwei-Verkehrsträger-Strategie: Weniger zeitkritische Waren werden per Seefracht transportiert, während zeitkritisches oder besonders hochpreisiges Equipment, zum Beispiel im TV-Segment, per Luftfracht abgewickelt wird.

Im Zuge seiner aktuellen Olympiaaktivitäten agiert DB Schenker aber nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene. So übernehmen beispielsweise die Schenker-Landesgesellschaften in Belgien, Italien, Kuba, Norwegen, Großbritannien und der Schweiz die Logistik für „ihre“ Olympiamannschaften sowie einige von ihnen auch für „ihre“ Teilnehmer an den Paralympics. Ebenso sind die Landesgesellschaften in Belgien, Kroatien und Großbritannien für die Logistik „ihrer“ Gästehäuser inklusive der dort benötigten Lebensmittel zuständig. Für sie alle gilt es, bei den Wettkämpfen in Tokio erstmals eine ganze besondere Hürde zu überspringen: die Umsetzung der coronabedingten Sicherheits- und Gesundheitsvorgaben Japans sowie des lokalen Organisationskomitees ab dem Zeitpunkt der Ankunft bis zur Ausreise. (bre)

„Sushi schmeckt dort ganz anders als in Deutschland“

Der Schwimmer Florian Wellbrock zählt zu den großen Olympiahoffnungen des deutschen Teams in Tokio. Mit seinen Titeln über 1.500 Meter Freistil und zehn Kilometer im Freiwasser avancierte der gebürtige Bremer, der für den SC Magdeburg startet, bei den Schwimmweltmeisterschaften 2019 in Gwangju (Südkorea) zum ersten Schwimmer der Geschichte, der bei einer Weltmeisterschaft sowohl im Freiwasser als auch im Becken eine Goldmedaille gewann.

Herr Wellbrock, mit welchen Erwartungen reisen Sie im Juli nach Tokio?
Florian Wellbrock: Ich freue mich vor allem auf schöne und sichere Olympische Spiele. Natürlich möchte ich dort auch Bestzeiten schwimmen und am Ende auf dem Treppchen stehen. Dieses Gefühl ist mir bei meinen ersten Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro leider verwehrt geblieben. Aber dennoch war die Zeit in Brasilien ein unvergleichliches Erlebnis für mich.

Wie vertraut ist Ihnen Japan?
Florian Wellbrock: Ich war schon einmal zur Wettkampfvorbereitung im Süden des Landes. Dabei konnte ich die Erfahrung machen, dass die Japaner ein äußerst gastfreundliches und sehr angenehmes Volk sind. Ich habe mich damals richtig wohl gefühlt und es vor allem genossen, dort Sushi essen zu gehen. Das schmeckt aufgrund der Atmosphäre dort noch mal ganz anders als bei uns in Deutschland.

Wie stehen Sie als Sportler zu der Entscheidung, die Olympischen Spiele in Zeiten von Corona in der geplanten Form stattfinden zu lassen?
Ich kann die Pro- und Kontra-Argumente dazu natürlich alle verstehen. Aber für uns Sportler sind die Olympischen Spiele etwas ganz Besonderes. Sie finden nur alle vier Jahre statt und sind für mich viel mehr als nur ein großer Wettkampf, denn hier steht der olympische Gedanke von Fairness und Toleranz im Vordergrund. Das macht es so einzigartig, sich mit den Besten der Welt zu messen. Auch die mediale Aufmerksamkeit ist für uns Sportler extrem wichtig. Viele Sportarten haben nur alle vier Jahre die Chance, sich der Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Dieses Jahr wird es durch die Pandemie natürlich ganz anders sein als die Jahre zuvor. Die Gesundheit aller Sportler und Beteiligten steht an erster Stelle. Ich hoffe daher auf eine sichere Anreise, ein gutes Hygienekonzept und vor allem auf tolle Spiele.

Haben Sie als gebürtiger Bremer Schnittstellen zum Hafen oder zur maritimen Wirtschaft?
Ja, als Kind war ich viel mit meinen Eltern auf unserem kleinen Sportboot unterwegs. So habe ich natürlich nicht nur den Hafen in Bremen, sondern auch zahlreiche andere Häfen in ganz Norddeutschland kennengelernt. Damals wie heute beeindruckt es mich vor allem, wie so riesige Containerschiffe überhaupt schwimmen können. Als Kind kommen einem diese Ozeanriesen natürlich noch viel größer vor. Und dass, obwohl die größten von ihnen damals und im Gegensatz zu heute noch nicht über 20.000 Container an Bord aufnehmen konnten.