Grenzüberschreitende Transporte sind in der Schifffahrt die Norm. Nicht immer befindet sich allerdings der Versand- oder Zielort in Deutschland. Gerade bei solchen komplexen Crosstrades kommt es besonders auf die reibungslose Planung und Abwicklung an. Hansa Meyer Global setzt hier neben Büros in aller Welt vor allem auf das Know-how am Firmensitz in Bremen.
Fotos: HANSA MEYER GLOBAL
Und genau solche klassischen Anlagenbauer, die als Engineering Procurement Construction (EPC) bezeichnet werden, zählen zu den Kunden von Projektspediteuren wie Hansa Meyer Global. „Typischerweise planen, konstruieren und bauen diese Unternehmen solche Anlagen eigenverantwortlich bis zur Schlüsselübergabe an den Kunden und suchen sich dafür einen oder mehrere Spediteure“, erläutert Schuisdziara. „Ihr Firmenstandort spielt bei der Auftragsvergabe in der Regel kaum eine Rolle. So können beispielsweise Auftraggeber und Frachtzahler in Deutschland sitzen und uns in Bremen mit den Projektlieferungen bis zur Baustelle in Texas beauftragen. Die Zulieferungen erfolgen unter anderem per Container und als Breakbulk-Ladung per Schiff aus Shanghai.“
Andere Sitten und Gebräuche beachten
Solche und ähnliche Vertragskonstellationen sind klassisches Crosstradegeschäft. In der Logistik werden damit grenzüberschreitende Transporte bezeichnet, bei denen der Versandort und auch der Empfangssitz in unterschiedlichen Ländern liegen. Für einen klassischen Projektspediteur wie Hansa Meyer Global gehört dies seit jeher zum Dienstleistungsportfolio. Was sich allerdings verändert hat, ist die Bedeutung dieses Geschäftssegments. „Vor 20 oder 30 Jahren war der Lieferanteil aus Deutschland mit etwa 70 bis 80 Prozent noch deutlich größer“, erinnert sich der geschäftsführende Gesellschafter. „Heute ist das Verhältnis umgedreht. Zwei Drittel unserer Verschiffungen erfolgen per Crosstrade.“ Etwas anderes gelte lediglich für die Luftfracht, wo der Anteil mit nur 15 Prozent deutlich geringer sei.
Zwar kennen die Kunden solche Herausforderungen bestens und wissen, dass Planungsänderungen auf der Lieferanten- und/oder der Baustellenseite auch im Ausland sehr üblich sind. Die Komponenten zum vereinbarten Zeitpunkt und im Budget auf die Baustelle zu bekommen, gelingt jedoch nur bei einer sehr engen Koordination zwischen den Lieferanten, den lokalen Dienstleistern wie Verpackungsbetrieb, Trucker und Leichter sowie den Häfen und dem Haupverkehrsträger. Zudem gilt: Je komplexer die Transportanforderungen in den Ländern sind, beispielsweise die Verzollung, die Genehmigung von Schwer- und Übermaßtransporten sowie anspruchsvolle Verpackungen und Zwischenlagerung, desto mehr Experten werden vor Ort benötigt.
Datenaustausch mit den Kunden gewinnt an Bedeutung
Auch bei solchen Geschäften kommt der IT eine immer wichtigere Rolle zu: „Um bei komplexen Projekten mit teils über 100.000 Frachttonnen pro Einzelauftrag Transparenz herzustellen und auch die vertraglich vereinbarten Kennzahlen zu managen, investieren wir in die ständige Weiterentwicklung unserer Datensysteme“, berichtet Schuisdziara. „Wir können zum Beispiel Auftragsdaten aus dem SAP-System und anderen Datenbanken unserer Auftraggeber über die Schnittstelle direkt übernehmen und diese mit den Planungs- und Verschiffungsdaten inklusive der Dokumente von Hansa Meyer verknüpft darstellen.“ Darüber hinaus sind alle an der Transportkette beteiligten Unternehmen ebenfalls angebunden, sodass Echtzeitdaten mit der Ursprungsplanung gespiegelt und Abweichungen genau dokumentiert werden können.“
„Zwei Drittel unserer Verschiffungen erfolgen per Crosstrade.“
Jan-Dirk Schuisdziara, geschäftsführender Gesellschafter bei der Hansa Meyer Global Holding
Kontrakte werden immer komplexer, Geschäftsbedingungen herausfordernder
Ob ein vermeintlich interessantes Projektgeschäft für das Unternehmen wirklich attraktiv ist, hängt maßgeblich von der Ausgestaltung des Logistikvertrags ab. Auch hier hat sich viel verändert: „In den vergangenen Jahrzehnten haben die Anforderungen sowohl auf der Kundenseite als auch juristisch ständig zugenommen“, berichtet Schuisdziara. „Hier gilt es, die Anforderungen genau zu erkennen und zu managen oder auch Sonderrisiken zu versichern.“ Unabhängig davon gelte: „Sind die Risiken nicht beherrschbar oder adäquat versicherbar, dann lehnen wir ab und benennen unsere Gründe. Wenn der Auftraggeber später feststellt, dass unsere Einschätzung richtig war, kommt er wieder auf uns zu.“ Das schaffe Vertrauen und sei ein Grund, warum das Unternehmen seit Jahrzehnten mit vielen namhaften Unternehmen erfolgreich zusammenarbeite.
Durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg sind die Herausforderungen im Logistikgeschäft und auch bei Cross-trades gestiegen. „Die Transportkosten haben sich vervielfacht: 40-Fuß-Flat-Racks werden derzeit für über 40.000 US-Dollar von Ost nach West verschifft. Vor zwei Jahren hätte die Frachtsumme vermutlich bei unter 10.000 US-Dollar gelegen“, berichtet Schuisdziara. „Je nach Trade sind der Platz an Bord und die Verfügbarkeit von Containern schwer planbar. Oftmals müssen Planungen zwei- bis dreimal verändert und den Tagesanforderungen angepasst werden. Der Aufwand nimmt dadurch erheblich zu, und daran kann leider auch die Digitalisierung nur wenig ändern.“
Trends bei Crosstrades insgesamt und Ausblick
„Auch wenn es im Welthandel immer mal wieder zu saisonalen Schwankungen und Problemen kommt, wird sich die Globalisierung nicht zurückdrehen lassen“, glaubt Schuis-dziara. Wachstumsmärkte bleiben beispielsweise Australien für Mining, Öl und Gas sowie Energieprojekte, Nigeria mit Infrastruktur- und Energieprojekten sowie Saudi-Arabien.
„Ein gewisser Trend besteht darin, dass nun auch zunehmend die Lieferanten im Ausland in die Logistikentscheidung eingreifen, weshalb die Bedeutung eines effektiven Netzwerks mit eigenen Büros und Qualitätsstandards noch zugenommen habe. „Wir verfolgen seit dem Management-Buy-out 2021 eine kontinuierliche Wachstumsstrategie, die wir als‚ Engineering Transports of Tomorrow‘ mit einer Vielzahl von Produkt- und Netzwerkerweiterungen auf vier Jahre angelegt haben. Ziel ist es, unser Netzwerk von derzeit 24 auf 30 Büros und 200 Millionen Euro Jahresumsatz auszubauen.“ (cb)
Fakten
Hansa Meyer Global
Gründung: 1986, Management-Buy-out 2021
Firmensitz: Bremen
Niederlassungen: 24 eigene Büros weltweit
Geschäftsfeld: Projektspedition
Mitarbeiter: 230 weltweit
Umsatz 2021: 84 Millionen Euro
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