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Mit Digitalisierung punkten

Bei Cuxport hat man sich frühzeitig auf den Brexit vorbereitet. Ein wesentlicher Bestandteil dabei: die Erweiterung und Anpassung der bereits vorhandenen IT-Systeme. Damit konnte der Hafendienstleister auch beim Autobauer BMW punkten.

Fotos: CUXPORT, PRIVAT
Der Brexit hat vieles verändert. Eines jedoch nicht: Großbritannien ist auch nach dem Austritt der Briten aus der EU der für Cuxport wichtigste Markt, unter anderem für den Umschlag von Pkw. Während es bei dem Hafendienstleister allerdings vor dem Brexit mit Ausnahme von Island und einigen kleineren Märkten kaum Bedarf für die zollrechtliche Behandlung beim Umschlag gab, wurde deren reibungslose Abwicklung seitdem zu einem wichtigen Bestandteil der gesamten Logistikkette.
Obwohl lange Zeit unklar war, ob und, wenn ja, ab wann und zu welchen Bedingungen künftig zwischen Großbritannien und Deutschland weiter Handel betrieben wird, entschied man sich bei Cuxport dafür, sich frühzeitig auf alle Eventualitäten vorzubereiten. „Wir wussten zwar nicht genau, was wann kommt, aber es war besser, in Kauf zu nehmen, eine Schnittstelle gegebenenfalls nicht zu aktivieren, als gar keine zu haben“, erläutert Dominic Küchler, IT-Leiter bei Cuxport, die Herangehensweise. Schon 2017, nachdem die damalige britische Premierministerin Theresa May Ende März die Austrittsverhandlungen formal eingeleitet hatte, gab es deshalb erste Überlegungen, wie die Prozesse künftig gestaltet werden können und welche IT-Anpassungen dafür nötig sind.

Händischer Aufwand wäre zu groß gewesen

Die Herausforderung dabei: Die neu einzuführenden Zollprozesse erfordern spezifische Daten und Kenntnisse, sind arbeitsintensiv und bei manueller Durchführung fehleranfällig. „Uns war schnell klar, dass die Dokumentation des Grenzübergangs digital unterstützt werden muss“, unterstreicht Küchler. „Bei etwa 4.000 bis 6.000 Fahrzeugen und sieben Abfahrten pro Woche in Richtung Großbritannien kommt eine händische Abwicklung rund um die Zollabwicklung nicht in Betracht. Schließlich soll unser Serviceangebot trotz des zusätzlichen Aufwands auch weiterhin, selbst bei kurzen Standzeiten von zum Teil nur 30 Minuten, eine rechtzeitige Freigabe bis hin zur taggleichen Verschiffung beinhalten.“

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ging es im Wesentlichen um drei notwendige Anpassungen für die erfolgreiche Integration der automatisierten Zollprozesse: erstens die Erweiterung des bestehenden Systems um Funktionalitäten und Statusangaben für die Verwaltung von Zollreferenzen zweitens eine Schnittstelle zur Zollsoftware von Dakosy, dem auf Transport und Schifffahrt spezialisierten Softwarehaus, und drittens die Anpassung der bereits seit 2011 verwendeten Schnittstellen zu Reedern und OEMs (Original Equipment Manufacturer, auf Deutsch Erstausrüster) für das Handling der Neufahrzeuge. „Hierfür haben wir nach guter Vorbereitung in Zusammenarbeit mit unserem Softwarelieferanten die erforderlichen Schnittstellen in unser operatives System implementiert“, berichtet Küchler. „Das ermöglichte den notwendigen, digital abgewickelten Dialog mit der Zollsoftware der Firma Dakosy und gewährleistet gleichzeitig die nötige Sicherheit der Prozesse.“

Viel Abstimmungs- und Koordinationsbedarf

Rund sechs Monate arbeitete ein mehrköpfiges Team unter der Leitung von Küchler an der Umstellung. „Die größte Herausforderung dabei war es, die verschiedenen Akteure, also Reeder, Schiffe, Terminal und Behörden, mit ihren jeweiligen und natürlich nicht immer deckungsgleichen Anforderungen an das System zusammenzubringen“, berichtet der IT-Leiter. „Dafür war einige Abstimmung und Koordination erforderlich.“ Nur so sei es im Ergebnis möglich gewesen, für die unterschiedlichen Datenformate eine gemeinsame Basis zu schaffen, da diese viel einfacher aufzubauen und zu warten ist.

Als dann die Ausschreibung von BMW, das zu den wichtigsten Kunden zählt, kam, war Cuxport bereits gut aufgestellt, um die künftigen Prozesse nicht nur operativ, sondern auch IT-seitig abbilden zu können und den Einfluss auf die logistischen Prozesse gering zu halten. Das überzeugte auch den Automobilbauer, der sich neben dem Vorteil von täglichen Abfahrten und Ankünften auch aufgrund der schnellen und zuverlässigen Vorbereitung des Grenzverkehrs mit dem fiskalisch nunmehr als Drittland zu behandelnden Großbritannien dazu entschied, den Hochvolt-Mini in Europa priorisiert über Cuxhaven zu importieren. Seit Anfang 2020 sind daher Cuxhaven für den Im- und Export aus beziehungsweise nach Großbritannien sowie Bremerhaven für die Verzollung nach Südafrika und in die USA die alleinigen Umschlagshäfen für BMW in Europa.

„Die Verzollung hat von den ersten Minuten an gut geklappt“, freut sich Küchler. Gleich bei den ersten Abfahrten seien der Im- und Export wie geplant gelaufen. „Die auto-matisierte Freistellung funktioniert seitdem zu über 99 Prozent – mehr geht nicht“, betont der IT-Leiter. Durch die direkte Anbindung sei zudem sichergestellt, dass es bei der Importverzollung keinen Zeitverlust gebe, der zu einer Strafzahlung führen würde.

Bereits im März habe sich das Geschäft gesteigert, und auch im April gab es keine Probleme. Zudem sei man sehr zuversichtlich, dass das Geschäft künftig noch weiter ausgebaut werde. Zu den bis 2019 verschifften zwei Millionen BMWs steht der Hafendienstleister für die nächsten bereit – und das neben Shortsea auch für Deepsea. Denn was sich seit dem Brexit verändert hat, liegt auf der Hand: Das Drittlandsgeschäft gehört nun bei Cuxport zum wichtigsten Business. (cb)

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Fakten

Cuxport

Joint Venture: Rhenus (74,9 Prozent)
und HHLA 25,1 Prozent
Standort: Cuxhaven
Gründung: 1997
Geschäftsfeld: Betrieb eines multifunktionalen
Umschlagsterminals im Tiefwasserhafen Cuxhaven
Beschäftigte: 220

Dominic Küchler, IT-Leiter bei Cuxport

„Uns war schnell klar, dass die Dokumentation des Grenzübergangs digital unterstützt werden muss.“

Dominic Küchler, IT-Leiter bei Cuxport

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